L u p s


eine Spatzengeschichte von Manfred Kyber

 

Herr Lups war ein Spatz. Seine Frau hieß Frau Lups. Denn dem Namen nach
richten sich die Frauen nach ihren Männern.
Es war Frühling und Frau Lups saß auf ihren Eiern. Herr Lups hatte Futter
herangeschleppt.Jetzt saß er auf dem Nestrand und blinzelte in die Sonne.
Die Menschen sagen immer, daß Spatzen frech und zänkisch sind, dachte Frau Lups, womit sie natürlich nur die Männchen meinen.Ich kann es von meinem Mann eigentlich nicht finden. Ein fertiger Ehespatz ist er zwar noch nicht,aber er macht sich.


Herrn Lups wurde es langweilig.
"Ich möchte mich auch mal auf die Eier setzen."
"Nein", sagte Frau Lups - nicht aus Eigensinn, rein aus pädagogischem
Empfinden.
"Piep!" sagte Herr Lups empört. "Es sind auch meine Eier."
"Nein", sagte Frau Lups - wieder nur aus pädagogischem Empfinden.
Herr Lups schlug erregt mit den Flügeln.
"Ich habe das Recht, auf den Eiern zu sitzen,ich bin der Vater!" schrie er.
"Schlage nicht so mit den Flügeln", sagte Frau Lups, "es ist unschicklich ,
wenigstens hier im Nest. Außerdem macht es mich nervös. Ihr Männer müßt
immer gleich mit den Flügeln schlagen. Nimm dir ein Beispiel an mir. Ich bin
stets ruhig. Gewiß sind es deine Eier. Aber es sind mehr meine Eier als
deine Eier. Das habe ich gleich gesagt. Denke daran, daß du verheiratest
bist."
"Daran denke ich unaufhörlich", sagte Herr Lups. "Aber du hast es vorhin
anders gesagt. Das ist unlogisch."
"Stör mich nicht mit deiner Logik", sagte Frau Lups, "wir sind verheiratet
und nicht logisch."
"So", machte Herr Lups und klappte arrogant mit dem Schnabel.
"Findest du das etwa nicht?????"
Herr Lups hörte auf zu klappen.
"Ja, ja, meine Liebe", sagte er.
Er macht sich, dachte Frau lups.
"Ich werde jetzt in den Klub gehen", sagte Herr Lups und und putzte sich die
Flügel.
"Du könntest dich auch mal auf die Eier setzen", sagte Frau Lups
vorwurfsvoll, "ich sitze schon den ganzen Vormittag drauf. Glaubst du, daß
es ein Vergnügen ist? Dabei sind es deine Eier."
Herr Lups dachte,die Sonne müsse aufhören zu scheinen. Aber sie schien
weiter.

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"Mir steht der Schnabel still!" schrie er. " Eben wollte ich auf den Eiern
sitzen, da waren es deine Eier. Jetzt will ich in den Klub gehen, da sind es
meine Eier. Wessen Eier sind es nun endlich?!"
"Schrei nicht so", sagte Frau Lups, "natürlich sind es deine Eier. Ich habe
es dir doch schon vorhin gesagt."
Herrn Lups wurde schwindlig.
"Du irrst dich", sagte er matt.
"Frauen irren sich nie", sagte Frau Lups.
"Ja,ja, meine Liebe", sagte Herr Lups und setzte sich auf die Eier, die
nicht seine Eier und doch seine Eier waren.
"Männer sind so wenig rücksichtsvoll", sagte Frau Lups mit sanftem Tadel,
"du hast eben auch die weibliche Hand in deinem Leben zu wenig gefühlt."
"O doch", sagte Herr Lups und blickte auf die Krällchen seiner Gemahlin.
Frau Lups horchte aufmerksam an den Eiern.
"Eins piepst sogar schon im Ei", sagte sie glücklich.
"Dann wird es ein Weibchen", sagte Herr Lups.
Frau Lups sah ihren Gatten scharf an.
"Gewiß", sagte sie, "es wird ein Weibchen. Die Intelligenz regt sich am
frühesten."
Herr Lups ärgerte sich sehr und brütete.
"Aber das erste, das herauskommt, wird ein Männchen!" sagte er patzig.
Frau Lups blieb ganz ruhig.
"Das, was zuerst piepst, kommt auch zuerst heraus", sagte sie, "es wird also
ein Weibchen. Im übrigen laß mich jetzt auf die Eier. Es wird kritisch. Das
verstehen frauen besser. Außerdem sind es meine Eier."
"Ja,ja, meine Liebe", sagte Herr Lups.


Nach kurzer Zeit kam das erste aus dem Ei.
Es war ein Männchen.
Herr Lups plusterte sich und zwitscherte schadenfroh.
"Siehst du", sagte Frau Lups, "ich habe es dir gleich gesagt. Es wird ein
Männchen. Aber ihr müßt eben alles besser wissen."
Herr Lups sperrte den Schnabel auf so weit wie noch nie. Eine Steigerung war
anatomisch undenkbar.
Aber er kriegte keinen Ton heraus.
Da klappte er den Schnabel zu. - Endgültig -
Jetzt ist er ganz entwickelt, es wird eine glückliche Ehe, dachte Frau Lups
und half den anderen Kleinen behutsam aus der Schale. "Nun mußt du in den
Klub gehen, liebes Männchen", flötete sie, "du mußt dich etwas zerstreuen.
Ich bat dich schon so lange darum. Auf dem Rückweg bringst du Futter mit."
Ja, ja, meine Liebe", sagte Herr Lups.
- - - - -
Herr Lups hielt eine Rede im Klub.
"Wir sind Männer! Taten müssen wir sehen, Taten!!" schrie er und
gestikulierte mit den Flügeln.
- - - - -
Frau Lups wärmte ihre Kleinen im Nest.
"Seinen Namen werdet ihr tragen, alle werdet ihr Lups heißen" piepste sie
zärtlich.
Denn dem Namen nach richten sich die Frauen nach ihren Männern.

 

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Leben - was ist das eigentlich?

An einem schönen Sommertag um die Mittagszeit war große Stille am Waldrand. die Vögel hatten ihre Köpfe unter die Flügel gesteckt, und alles ruhte. Da streckte der Buchfink sein Köpfchen hervor und fragte: "Was ist eigentlich das Leben?" Alle waren betroffen über diese schwierige Frage. Im großen Bogen flog der Buchfink über die Wiese und kehrte zu seinem Ast im Schatten des Baumes zurück.
Die Heckenrose entfaltete gerade ihre Knospe und schob behutsam ein Blatt ums andere heraus. sie sprach: "Das Leben ist lauter Freude und Sonnenschein."
Drunten im Gras mühte sich eine Ameise mit einem Strohhalm zehnmal länger als sie selbst, und sagte: "Das Leben ist nichts anderes als Mühsal und Arbeit." Geschäftigt kam eine Biene von der honighaltigen Blume auf der Wiese zurück und meinte dazu: "Nein, das Leben ist ein Wechsel von Arbeit und Vergnügen."
Da so weise geredet wurde, streckte der Maulwurf seinen Kopf aus der Erde und brummte: "Das Leben? Es ist ein Kampf im Dunklen."
Nun hätte es fast Streit gegeben, wenn nicht ein feiner Regen eingesetzt hätte, der sagte: "Das Leben besteht aus Tränen, nichts als Tränen." Dann zog er weiter zum Meer.  Dort brandeten die Wogen und warfen sich mit aller Gewalt gegen die Felsen und stöhnten: " Das Leben ist ein stets vergebliches Ringen nach Freiheit." Hoch über ihnen zog majestätig der Adler seine Kreise. Er frohlockte: " Das Leben, das Leben ist Streben nach oben." Nicht weit vom Ufer entfernt stand eine Weide. Sie hatte der Sturm schon zur Seite gebogen. Sie sagte: "Das Leben ist ein Sichneigen  unter eine höhere Macht." Dann kam die Nacht. Mit lautlosen Flügeln glitt der Uhu über die Wiesen dem Wald zu und krächzte: " Das Leben heißt: die Gelegenheit nützen, wenn andere schlafen." Und schließlich wurde es still in Wald und Wiese.
Nach einer Weile kam ein junger Mann des Wegs. Er setzte sich müde ins gras streckte dann alle viere  von sich und sprach: "Das Leben ist das Ständiesge Suchen nach Glück und eine lange Kette von Enttäuschungen."
Auf einmal stand die Morgenröte in ihrer vollen Pracht auf und sprach: "Wie ich, die Morgenröte der Beginn des neuen Tages bin, so  ist das Leben der Anbruch der Ewigkeit.

Märchen aus Schweden


                               
                                              







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